Die kleine Eidechse
von GONZO SACHERTORT
Mobile Schauspielproduktion. Empfohlen ab 8 Jahren.
Das Zentrale Bühnenelement bildet eine übergroße Kiste (Pappkarton), welche die Aufschrift KISTE trägt.
Hieraus werden sämtliche Requisiten entnommen.
In einer etwas kleineren Kiste mit der Aufschrift BOX steckt eine Musikbox, die mit einem Mikrofon verbunden ist.
I
A und B betreten die Bühne.
A beginnt sich sofort an das Ausräumen der Kiste zu machen, sämtliche Requisiten wild im Raum zu verstreuen und voll kindlichem Esprit Lametta und/oder Konfetti auf Boden, Requisiten, Möbeln und Infrastruktur zu verteilen.
Ungeachtet seines Kollegen B, richtet er sich die Bühne liebevoll doch mit kindlichem Übermut so ein, wie es ihm gerade in den Sinn kommt.
B hält einen Plan in der Hand und richtet sich nervös an das Publikum.
B: Liebe K… K… Kandidatinnen und Kandidaten. Verehrte A… A… Aspiranten und Apsirantinnen. Die Vorstellung verzögert sich leider noch um einige Minuten weil das Bühnenbild noch nicht ganz so ist wie wir… wie ich… es uns äh… mir vorgestellt habe. Ich kann euch in der Zwischenzeit einen Plan zeigen, wie es aussehen wird. (zeigt den Plan herum) Schließlich ist es eine ERNSTZUNEHMENDE Vorstellung (A bläst Luftschlangen in den Raum) Es kann höchstens noch ein paar Minuten Dauern. Wie ihr sehen könnt, handelt es sich hier um ein Bühnenbild im Biedermeier-Stil, das gerade (A zündet eine Tischbombe) aufgebaut wird. Derweil hier das Bild. (zeigt den Plan erneut) Gleich geht’s los (A wirft wie wild mit Lametta um sich) wenn ihr derweil noch kurz Geduld haben könntet…, liebe Kondi… KANDIDATEN und ASPIRANTINNEN… Wir haben kleine tschechische… TECHNISCHE Schwierigkeiten (eine Zweite Tischbombe explodiert; A: Huiiiiii), das ist aber kein Weltuntergang. Die Vorstellung findet natürlich trotzdem statt; die Eintrittskarten können nicht (A schaltet laute Musik an) umgetauscht werden.
B (schreit und wird zunehmend unruhiger): Es muss jetzt wirklich jede Minute los gehen mit unserer ernstzunehmenden Vorstellung. Der (Musik wird kurz lauter) richtet gerade alles… macht gerade die letzten… Die Musik wird… Also der Plan war… Das Bühnenbild… Biedermeier… Liebe… Apothek… Aspirin… Die Vorstellung beginnt in… Einen Moment! (geht zur Musikanlage und schaltet sie aus)
B (zu A): Sag mal, kannst du dich mal am Riemen reißen? Die ganzen Leute (Kinder) sind schon da und warten. Und die Bühne sieht überhaupt nicht aus wie auf dem Bild. BIEDERMEIER!
A: Was? Biene Maja?
B: BIEDERMEIER!
A: Achso… Biedermeier (hängt ein Lametta um) So?
B: NEIN! Nicht SO! Wie sieht das denn hier aus? Das soll eine ernstzunehmende Veranstaltung werden. Und was sollen wir denn mit diesem Chaos anfangen?
A: Ich hab schon angefangen.
B: Ja aber.. aber… Womit denn?
A: Mit der (wirft Lametta in die Luft) VORSTELLUNG!
B (laut): Das ist doch keine Vorstellung! Das kann doch niemand ernst nehmen. Wie sollen wir denn so neue Mitglieder bekommen? Die denken sich doch schon alle „Was sind das denn für welche?“ So wird nie jemand in unseren Club wollen! Jetzt räum das hier zusammen und dann fangen wir endlich mit unserer Vorstellung an!
A (schaut kurz ins Publikum): Ich glaube die denken sich eher „Was hat der denn?“ MEINE Vorstellung scheint ihnen gut zu gefallen…
B: Ganz Falsch. Die denken sich nämlich „Was macht der denn für ein Chaos hier?“ Und wenn wir jetzt nicht bald mit der Vorstellung anfangen, werden die sich denken „Ich hätte eigentlich was Besseres zu tun, als den beiden hier beim streiten zuzusehen. Zum Beispiel Rasen mähen.“ und dann werden die anfangen rauszugehen und sich zu denken „Wo war denn jetzt die kleine Eidechse?“ und „Wo bekomme ich mein Geld zurück?“ und „Was soll das denn für eine Vorstellung gewesen sein?“
A: Ich denke, du denkst zu viel darüber nach, was andere denken. (drückt B etwas Lametta in die Hand und fährt fort, den Raum zu verzieren)
B (wirft Lametta zu Boden): Kannst du bitte mal damit aufhören? Ich habe mir hier ernstzunehmende Programmpunkte ausgedacht und Tage… Monate… JAHRE für die Vorstellung geübt. Ich habe ANMELDEFORMULARE für unseren Club ausgedruckt und vorne beim Ausgang aufgelegt. MIT ABTRENNBARER VORFRANKIERTER PERFORIERTER und VORSIGNIERTER Informationsbroschüre. Ich habe ein Bühnenbild entworfen und LAMINIERT! (zum Publikum) Wisst ihr überhaupt wie viel Arbeit laminieren ist?
Und du machst einfach was du willst?
A: Genau.
B: Jetzt komm hier her! Und wenn du schon nicht bei der Vorstellung mitmachen willst, dann erzähl jetzt wenigstens den Leuten warum wir streiten.
A: Ich streite ja gar nicht.
B (schreit): HIER HER!
II
A: Vor einiger Zeit war uns ziemlich oft langweilig. Wir haben gemacht, was alle so gemacht haben. Pommes essen, Kröten dressieren, Fahrrad fahren
B: Dämme bauen, Telefonbuchweitwurf, Maiskolben klauen.
A: Münzen auf Bahnschienen legen damit ein Zug darüber rollt, Schachfiguren schnitzen, Baumhütten bauen, Buchstabensuppenbuchstaben sammeln, Lagerfeuer auspinkeln und Ameisen züchten.
B: Eben alles was alle machen. Ihr ja sicher auch oder?
A: Aber irgendwann war das nicht mehr genug. Irgendwann war uns trotz Regentanz, Seifenkistenrennen und Brettspiele erfinden immer öfter langweilig.
B: Zu erst haben wir versucht, die Sachen die wir gemacht haben, einfach ein bisschen zu verändern, damit die Langeweile erst gar keine Chance bekommt.
A: Wir haben statt Rückwärtssaltos Vorwärtssaltos geübt.
B: Statt Fahrradslaloms Rollschuhabfahrten veranstaltet.
A: Statt Polsterburgen Sofaschlösser entworfen.
B: Aber das half nur eine Zeit lang.
A: Die Langeweile hat es irgendwann trotzdem geschafft.
B: Dann haben wir uns gedacht, wir könnten unseren Hobbys einfach an anderen, spannenden Orten nachgehen.
A: Da würde uns bestimmt nicht langweilig.
B: Wir haben auf dem Garagendach EXTREM-Mensch-ärgere-dich-nicht gespielt.
A: Wir haben unsere Sockenhockeyturniere im Italienurlaub ausgetragen.
B: Aber auch das hat nichts genutzt.
A: Die Langeweile ist auf der ganzen Welt zu Hause.
B: Letztendlich haben wir versucht, die Sachen die wir gemacht haben, einfach länger zu machen, damit der Langeweile selbst langweilig wird.
A: Wir haben Stunden lang Seifenblasenwettfliegen veranstaltet.
B: Wir haben Tage lang Buntstifte gespitzt, bis wir keine Stifte sondern nur mehr Buntspäne hatten.
A: Wir haben Wochen lang diese kleinen Luftpolster auf diesen riesigen Verpackungsfolien zerplatzen lassen. Kennt ihr die?
B: Wir haben Monate lang Pfirsichkernen beim Wachsen zugesehen.
A: Wir haben Jahre lang Sandburgen gebaut.
B: Riesige Sandburgen.
A: Ganze Sandstädte.
B: Sandländer.
A: Sandplaneten.
B: Ganze Sandsonnensysteme haben wir gebaut.
(Pause)
A: Aber irgendwann kam die Langeweile.
B: Wir haben bemerkt, dass alles irgendwann langweilig wird, wenn man eine lange Zeit nichts anderes macht.
A: Das war ein Schock!
B: Da hätten wir fast aufgegeben.
A: Waren kurz davor, einfach langweilig zu werden.
B: Und im letzten Moment kam uns die Idee.
A: Die Idee der Stunde, des Tages, der Woche, des Monats, des Jahres, überhaupt aller Zeit.
B: Die beste Idee des ganzen Sandsonnensystems.
A und B: Wir gründen einen KLUB!
B: Ein Klub in dem uns nie langweilig sein würde.
A: In dem alles darf und nichts muss.
B: Ein Klub der langweilige Aktivitäten systematisch aussperrt.
A: In dem alle tun und lassen können, was sie wollen (solange niemand verletzt wird, versteht sich).
B: Ein Klub mit einer offiziellen Klubband und einem offiziellen Klubsong. Offiziellen Klubstatuten und Klubveranstaltungen.
A: Wir nannten ihn
A und B: Klub Irrsinnig Super Toller Ereignisse – K.I.S.T.E.
A: Kurz: Kiste
B: Und wir hatten auch sofort schon zwei Mitglieder.
(A und B zeigen auf)
III
Teil III ist weitestgehend der freien Interpretation der Theaterschaffenden überlassen. Inhaltlich soll ein Einblick in Clubaktivitäten im Vordergrund stehen, bei denen sich erste Differenzen zwischen A und B bemerkbar machen.
Dem Text entsprechend ist das Einführen einer Flöte gegen Schluss des dritten Teils jedoch zu empfehlen.
Zur Orientierung / als Beispiel folgt die Dokumentation des Teil III bei der Uraufführung:
Einzelne Klub-Aktivitäten werden in Form von kurzen Pantomime- oder Requisitenspiel-Episoden zu einer Composition zusammengefügt.
Die Kiste, in welcher sich die Haupt-Requisiten zu diesem Zeitpunkt bereits wieder befinden müssen, steht längs in der Mitte der Bühne, und teilt die Spielfläche somit in zwei gleich große Teile. A und B nehmen jeweils eine Bühnenhälfte für sich ein, um die Systematik der Episodenhaftigkeit zu unterstreichen. Es gibt eine Ausgangsposition für jeden Charakter, von der aus er dem anderen ein spielerisches Angebot macht, auf welches dieser zunehmend wiederwillig (B) oder zunehmend euphorisch (A) einsteigt.
In der Entwicklung und Erstaufführung sieht die Composition aus wie folgt:
- A und B zeigen auf; stehen jeweils in ihrer Bühnenhälfte, nahe der Kiste
- Auf einen Musik-Cue greifen sie synchron nach den beiden Regenschirmen in der Kiste und beginnen einen einstudierten Fechtkampf. (Musik: Ritter)
- B ändert die Musik auf „Race“, gibt A das Requisit „Sonnensegel“ in die Hand und beginnt aus dem Requisit „Notenständer“ ein Motorrad zu basteln.
- Es beginnt ein Motorradrennen zur Musik.
- Die Musik ändert sich auf „Zauber“
- A setzt sich zu B’s Füßen und sieht ihm bei dessen Zaubershow zu.
- Die Musik ändert sich auf „Limbo“
- A streckt das Requisit „Regenschirm“ wie eine Limbo-Stange in die Luft. Die erste Runde Limbo schafft B ohne die Stange zu berühren. Bei der zweiten Runde berührt sein Bauch allerdings die Stange, die daraufhin gemeinsam mit B auf den Boden fällt.
- Die Musik verstummt.
- B gibt A das Requisit „Regenschirm“ in die Hand, symbolisiert mit seiner Flöte eine Angelrute die er auswirft und bleibt ruhig und gelassen stehen. A versucht es ihm mittels dem Requisit „Regenschirm“ gleichzutun.
Eine kleine Choreographie mit den Angeln beginnt. - Leise Musik („Fischtanz“) ertönt.
Die Musik wird immer lauter.
Als die Musik Zimmerlautstärke erreicht tanzt A aus dem Off an B vorbei, das Requisit „Fischhelm“ auf dem Kopf. Mit A’s erneuten Verschwinden im Off verstummt auch die Musik langsam. - Mit komplettem Verklingen der Musik stürmt A ohne Fisch-Helm wieder herein, und bastelt aus der Kiste ein Kanu.
- Die Musik „Indiana Jones“ ertönt.
- Im Kistenkanu findet eine Wildwasserfahrt statt.
- Die Musik ändert sich auf „Catwalk“
- Die Kiste kommt an ihren ursprünglichen Platz zurück, während links und rechts von ihr eine Modenschau stattfindet.
- Die Musik verstummt.
- B stellt währenddessen das Requisit „Notenständer“ auf und platziert einige Notenblätter darauf. Er drückt A eine Flöte in die Hand, nimmt seine eigene aus dem Halfter und deutet seinem Kollegen an, er möge mit Ihm gemeinsam da Lied auf dem Notenblatt spielen.
A produziert nur schiefe Töne auf seiner flöte, also nimmt B sie ihm wieder ab und fährt fort, das Stück alleine zu spielen.
A sieht einige Sekunden lang zu. Dann nimmt er sich das Requisit „Kazoo“ aus der Hosentasche und beginnt ausgelassen zu solieren. Er steigert sich mehr und mehr in sein Solo, ohne auf B’s Flötenlied Rücksicht zu nehmen.
IV
B: NEIN! SCHLUSS! AUS! So geht das nicht!
A: Was ist denn?
B: Hör gefälligst auf, dich wie ein Kleinkind zu benehmen!
Ich versuche hier ernsthafte Ideen in den Klub zu integrieren, die uns nachhaltigen Nutzen bringen und du hast nichts Besseres zu tun, als wie ein Irrer herumzublödeln.
A: Aber… Aber ich dachte, wir wollten uns nicht mehr langweilen?
B: Ich langweile mich ja nicht. Ich übe beispielsweise die Flöte, damit ich irgendwann ein ernstzunehmender Flötenspieler sein werde. Was ist daran denn langweilig?
A: Also… Alles!
B: Wenn du das so siehst, dann wirst du dich eben ein bisschen langweilen müssen. Ich übe jetzt jedenfalls die Flöte. Wenn du mich also entschuldigen würdest, ich muss mich konzentrieren und habe zu arbeiten.
B geht zum Notenständer und beginnt erneut auf der Flöte zu spielen. A steht etwas verdattert abseits und hört einige Sekunden zu. Dann geht er auf den höchst konzentrierten B zu und tippt ihm auf die Schulter. Dieser unterbricht.
A: Es heißt „ein Instrument spielen“, nicht „ein Instrument arbeiten“.
B (stutzt kurz): Ach was… (möchte weiterspielen)
A (unterbricht ihn): Wieso soll ICH mich langweilen müssen, aber du nicht?
B: Na, so ist das eben in einem Klub. Man macht wichtige Dinge, die einen einmal im Leben weiterbringen. Man muss vernünftig sein, sonst hat der ganze Klub gar keinen Sinn. Man tut nicht einfach immer nur was man will, sondern hält sich an Regeln. Jeder gute Klub funktioniert so. Und das ist nicht langweilig sondern… Erwachsen!
A: Dann will ich nicht mehr im Klub sein. (möchte abgehen)
B: Warte, warte! (A bleibt stehen)
Na gut. Wie möchtest DU denn den Klub haben.
A (überlegt kurz): Ich will keine Regeln und kein Erwachsenseinmüssen. Ich will nicht vernünftig sein müssen und auch nicht Dinge machen, die mich im Leben weiterbringen. Ich will keinen Sinn machen. Ich will tun was ich will. Sein was ich will. Die phantastischsten Abenteuer erleben und die verrücktesten Ideen haben.
Und ich will mich nie nie wieder langweilen.
Will nicht immer Sinn ergeben
spielen, lachen, singen, leben.
Ohne Regeln, ohne Ziel,
Erwachsen sein, wer das schon will…
Hier soll unsere Chance bestehen,
nur noch eigene Wege zu gehen.
Abenteuer Phantasie,
Zahnlücke und schwarze Knie.
Traum, Vision und Spinnerei’n
soll’n im Klub hier möglich sein.
Denn draußen warten sowieso,
Schule, Arbeit und Büro.
B: Schönes Gedicht.
Doch überzeugt hast du mich damit nicht.
Wer nur spielt und niemals lernt,
hat sich von sich selbst entfernt.
Besser werden hat partout
mit Langeweile nichts zu tun.
Eifer, Fleiß und Notendruck
geben dir den nöt’gen Ruck
damit du deine Träume erst
richtig zu verstehen lernst.
Regelwerk und Konsequenz
sind die nötige Essenz
die den Klub am Leben hält
und uns bildet, für die Welt.
(Pause)
A und B stehen eine Weile still da und lassen das gesagte wirken; wohl wissentlich, dass so gravierend unterschiedliche Ansichten das Potenzial haben, ihre Freundschaft zu zerstören.
A (leise): So kommen wir auf keinen grünen Nenner.
B (leise): So kommen wir auf keinen gemeinsamen Zweig.
A: Wenn zwei in einer Sache so verschieden sind, kann ein Klub nicht funktionieren.
B: Ich dachte, dass Klubs genau dazu da wären. Dass innerhalb des Klubs alle Meinungen gleich sind. Und dass eben deshalb Frieden herrscht, im Klub.
A: Wie soll denn das gehen?
B: Naja… Jedes Mitglied stellt sich in den Dienst des Klubs und stellt seine persönlichen Anliegen hinten an.
A: Das funktioniert ja nicht mal bei uns zweien. Wie soll das erst bei den ganzen großen Klubs wie Fußballvereinen oder Politikparteien funktionieren?
B: Vielleicht ist es umso schwieriger, alle Interessen unter einen Hut zu bekommen, je kleiner der Klub ist. Vielleicht geht das leichter, wenn man mehr ist.
A: Vielleicht sind GANZ VIELE kleine Kompromisse leichter, als EIN ganz großer.
B: Das würde bedeuten…
A: Wir brauchen…
B: Mehr…
A und B: MITGLIEDER
B: Und wie sollen wir das anstellen?
A: Wir machen eine SHOW. Eine Vorstellung unseres Clubs. Wir mieten dafür den/die (-Spielort einfügen-), laden jede Menge Leute ein und zeigen denen, was unser Klub alles kann!
B: Grandios! Und jeder von uns soll zeigen dürfen, was er will.
A: Und so werden wir der größte Klub des ganzen Sandsonnensystems.
B: Wir fangen SOFORT mit den Vorbereitungen an. Du zu erst. Was möchtest du bei der Vorstellung zeigen?
A: ICH MÖCHTE TANZEN
A macht beschwingte Musik an und beginnt einen soeben im Moment entwickelten Tanz zu performen. B sieht ihm schmunzelnd zu. Nach kurzer Zeit stellt sich A neben B hin und animiert ihn zum mitmachen. Dieser schüttelt lächelnd den Kopf. A macht einen Tanzschritt vor und blickt B erwartungsvoll an. Dieser tanzt nach der Überwindung erster Scheu halbherzig den vorgemachten Schritt nach. Dies wiederholt sich zwei bis drei mal, bis B schließlich voller unterdrückter Wut die Musikanlage ausschaltet und mit gespielter Freundlichkeit sagt
B: Jetzt bin ich dran OK?
A (stutzt etwas ob des abrupten Musik-Endes): Klar. Was willst du machen?
B: Ich möchte den Gästen eine Kakao-Verkostung anbieten!
A: Eine WAS?
B: Pass auf…
B richtet sich an das Publikum
B (hochgestochen): Verehrtes Publikum, zu Beginn nehmen wir uns dieser hervorragenden Ovomaltine aus einem Viertel handelsüblichem Pulver und drei Vierteln Vorarlberger Bergbauern-Heumilch an. (riecht umständlich an einer imaginären Tasse) Eine ausgesprochen kräftige Nase mit feinporigen Aromen von Zedernholz, Katzenfutter und Chupa Chups.
B nimmt einen winzigen Schluck aus der imaginären Tasse, schmeckt, gurgelt, spuckt
A beginnt ihn pantomimisch nachzuäffen.
B: Mhm… Mhm… Vielschichtige Aromenstruktur… Körperreich aber gschmeidig… Wunderschön ausgereift… Strebt dem Höhepunkt zu…
A versärkt –für B unsichtbar- das Nachäffen.
B: Mhm… Mhm… Farblich assoziiert man Regenpfützen im Frühherbst. Sehr gehaltvoll…
B: Als direkten Vergleich hier nun einen Nesquick-Cuvee aus zwei dritteln Pulver und einem Drittel Schokosauce, verfeinert mit teilentrahmter peruanischer Alpakamilch. (riecht umständlich an einer imaginären Tasse) Der Nesquick besticht in der Nase durch unkonventionelle Aromendichte von Rosenblüten, Gummihandschuhen und …Hühnerstall… (nimmt einen winzigen Schluck aus der imaginären Tasse, schmeckt, gurgelt, spuckt)
Vollfruchtig mit Charakter… Sehr frisch und spritz…
(bemerkt dass ihn A veräppelt – fährt etwas gereizt fort)
Verehrtes Publikum. Leider ist es mir nicht vergönnt die Kakao-Verkostung fortzuführen, doch ich bin mir sicher, dass Mein Kollege einen ebenso spannenden Programmpunkt vorbereitet hat. (zu A) Oder?
A: Darf ich ihnen meinen selbst gebauten Roboter vorführen?
B vergräbt das Gesicht in den Händen
A: Den Thermonuklearen multifunktionalen…
B (hat eine Idee): Moment…
A: …super effektorischen…
B: …BASTELN!
A: …evo-neuronalen Mega Atomar Generator!
B: Etwas Basteln. Etwas erbauen. Das ist keine schlechte Idee.
Seit Wochen… Monaten… Jahren (!) möchte ich ein ernstzunehmender Origami-Künstler werden. DAS ist die Gelegenheit endlich mein neues Hobby in Angriff zu nehmen und mir das Origami falten bis zur Perfektion beizubringen!
A: Wenn du meinst…
B nimmt ein Blatt Papier und beginnt voller Konzentration Origami-Figuren zu falten und das Basteln leise zu kommentieren, während sich A hinten auf der Bühne mit dem Mikrofon in Position bringt. A beginnt unter Produktion der dafür nötigen Soundeffekte über das Mikro seinen eigenen Roboter zu mimen. Langsam richtet er sich auf, geht schritt für schritt auf B zu und winkt ihm in Roboter-Manier zu. Hier sind auch andere Aktivitäten des Roboters denkbar, solange sie nicht übergriffig oder offensichtlich provokativ sind. Als ihm der Roboter mit abgelecktem Finger ins Ohr fahren möchte fühlt sich B in seinem Origami falten erneut gestört und springt auf.
B (verärgert): JA WAS DENN? Wie soll ich mich denn da konzentrieren?
A: Entschuldige, ich dachte…
B (unterbricht; noch immer verärgert): GAR NICHTS dachtest du. Du machst einfach ohne zu Denken. So werden wir nur Leute in unseren Klub kriegen, die auch nicht denken wollen. Das wird ein UNDENKBARER Klub!
A (rudert zurück): Okay okay… Entschuldige. Was möchtest du denn machen?
B: Ich möchte eine Kakao-Verkostung machen. Aber das passt dir ja nicht. Ich möchte Origami falten. Aber das passt dir ja auch nicht. Ich möchte ein Flötenkonzert geben, aber das passt dir ja erst recht nicht.
A: Gut! Dann spiel dein Flötenkonzert. Ich hör’ dir dabei zu.
B: Ehrlich?
A: Ja.
B: Und du unterbrichst mich auch nicht?
A: Nein.
B: Ehrenwort?
A: Ja.
B: Kleiner Finger-Schwur?
A: Ja.
B: Gaaanz sicher?
A: Ja. Gaaaanz sicher.
B nimmt sich das Requisit „Notenständer und bringt sich mit seiner Flöte in Richtung des Publikums in Position.
B: Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich präsentiere: DIE KLEINE EIDECHSE, von Gonzo Sachertort.
Teil eins: die Geburt der Eidechse.
B beginnt angestrengt doch leider ohne besonders wohlklingendes Ergebnis eine Melodie auf der Flöte zu spielen. A beobachtet das Geschehen gelangweilt von hinten; bringt sich bereits in Mikro-Nähe in Position. Nach etwa ein bis zwei Minuten beendet B seine Melodie und blättert um.
B: Teil zwei von siebzehn: die kleine Eidechse lernt gehen.
B beginnt abermals mit seiner Melodie, diesmal jedoch hält es A nicht besonders lange aus, ruhig zu sein. Er beginnt Furz-Geräusche in das Mikrofon zu machen und spielt sich mehr und mehr an dem Requisit „Mikrofon“ hoch, bis B erneut der Kragen platzt.
B (erhitzt): AUS! SCHLUSS! Wie soll man sich denn da Konzentrieren? Ich bin ein ernstzunehmender Flötenspieler und versuche hier zu arbeiten! Und ich habe jetzt WIRKLICH keine Lust mehr auf deine blöden Späße!
A: Mensch. Jetzt reg dich doch nicht immer gleich so auf. Sieh das doch mal ein bisschen entspannter. Wir sind doch hier um Spaß zu haben und das wollen wir den Leuten doch auch zeigen.
B (schreit): ICH HABE SPAß!!!
A: Man merkt’s. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich möchte die Bühne für unser Publikum verschönern! (beginnt Lametta zu verteilen)
B (außer Kontrolle): STOP! Hör sofort auf damit. (Nimmt den Plan) Ich habe hier bereits ein bis ins kleinste Detail durchkonzipiertes Bühnenbild erstellt. Das ist ein klassisches Biedermeier-Zimmer und wird…
A (unterbricht): Ich kann dich nicht hören… La la la (wirft Lametta umher und schaltet Musik ein)
B platzt nun endgültig der Kragen und er redet laut auf den ihn ignorierenden A ein, wie auf ein krankes Ross. Dieser fährt fort, tanzend Lametta zu verteilen. Schließlich stoppt B die Musik wieder.
V
B (mit Plan in der Hand; zum Publikum): Und dann seid ihr alle aufgetaucht. Und wir haben noch überhaupt gar nichts für die Vorstellung geprobt.
A: …was wir auch nicht tun werden.
B: Aber hätten sollen!
A: Hätte, hätte Glitzerkette (legt B einige Lametta um den Hals)
B: Wir haben hier eine ernsthafte Situation. Die Leute sind da und wir haben überhaupt GAR NICHTS zu zeigen. Außer einen Verrückten und ein paar Biedermeier-Fotos.
A: Und du glaubst, das reicht ihnen nicht?
B: Es reicht mir nicht.
(Pause)
A: Dann haben wir nur noch eine einzige Möglichkeit.
B (traurig): Du sagst es…
(Pause)
A: Liebe Kondi… Kandidatinnen und Aspiranten!
B: Verehrte Damen und Herren!
A: Hiermit geben wir bekannt…
B: Dass unser Klub…
A: …ab heute in zwei Klubs aufgeteilt wird.
B: Es wird weiterhin den Klub K I S T E geben…
A: Den Klub Irrsinnig Super Toller Ereignisse
B: Und ab heute auch…
A: …den Klub B O X!
B: Kurz für Besonders Ordentlicher Club Kluger Systeme
B O C K S
A: Leider konnten wir euch heute keine „richtige“ Vorstellung zeigen…
B: …sondern „nur“ unsere Geschichte erzählen.
A: Vielleicht habt ihr aber trotzdem Lust, bei einem von unseren Klubs mitzumachen.
B: Ihr könnt natürlich selbst entscheiden, bei welchem.
A: Die Anmeldeformulare liegen beim Ausgang bereit. LAMINIERT
Die beiden haben sich jeweils auf eine Seite gespielt. Ohne Blickkontakt stehen sie nun beide da, und versuchen verhalten, die Aktivitäten aus der Komposition (III) zu rekonstruieren. Da sie aber alleine sind, misslingt dieses Unterfangen. In einem nächsten Schritt wagen sich beide (noch immer ohne Augenkontakt) langsam und vorsichtig an eine Aktivität des jeweils anderen. Beispielsweise versucht A eine imaginäre Kakao-Tasse zu riechen, während sich B kurz den Fischhelm aufsetzt und verhalten tanzt. Über Musik und/oder chorisches Sprechen passiert eine Annäherung.
A: Vor einiger Zeit war uns ziemlich oft langweilig. Wir haben gemacht, was alle so gemacht haben. Zaubertricks, Motorradrennen und Limbo tanzen.
B: Kakaoverkostungen, Flötenkonzerte und Chinesische Prozessionen.
A: Fotoshootings, Roboter bauen, Angelausflüge und Origami falten.
B: Eben alles was alle machen. Ihr ja sicher auch oder?
A: Aber irgendwann war das nicht mehr genug. Irgendwann war uns trotz Wildwasser-rafting, Tanzstunden und Schwert-duellen immer öfter langweilig.
B: Und dann kam uns die Idee.
A: Die Idee der Stunde, des Tages, der Woche, des Monats, des Jahres, überhaupt aller Zeit.
B: Die beste Idee des ganzen Sandsonnensystems.
A und B: Wir gründeten einen KLUB!
B: Ein Klub in dem uns nie langweilig sein würde.
A: In dem alles darf und nichts muss.
B: Ein Klub der langweilige Aktivitäten systematisch aussperrt.
A: In dem alle tun und lassen können, was sie wollen (solange niemand verletzt wird, versteht sich).
B: Ein Klub mit einer offiziellen Klubband und einem offiziellen Klubsong. Offiziellen Klubstatuten und Klubveranstaltungen.
A: Wir nannten ihn
A: KISTE
B(gleichzeitig): BOX
B: Und wir hatten auch sofort schon zwei Mitglieder.